Schätzung bei ordnungswidriger Kassenführung – was Unternehmen jetzt wissen sollten

Eine ordnungsgemäße Kassenführung ist für bargeldintensive Betriebe Pflicht. Werden hier Fehler gemacht oder fehlen Aufzeichnungen, darf das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen – oft mit erheblichen steuerlichen Folgen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu im Jahr 2025 in einem aufsehenerregenden Urteil (Az. X R 19/21) neue Maßstäbe gesetzt und zugleich Zweifel an der bisherigen amtlichen Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums (BMF) geäußert.

Wann darf das Finanzamt schätzen?

Die Finanzverwaltung darf eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vornehmen, wenn

  • Kassenaufzeichnungen fehlerhaft oder unvollständig sind,
  • Belege nicht den formalen Anforderungen entsprechen oder
  • eine ordnungsgemäße Kassenführung nach den Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD-Grundsätzen) nicht mehr nachvollziehbar ist.

In solchen Fällen kann das Finanzamt gemäß § 162 Abgabenordnung (AO) die Umsätze und Gewinne nach Ermessen schätzen – meist zum Nachteil des Steuerpflichtigen.

Das BFH-Urteil: Diskotheken sind keine Restaurants

Im entschiedenen Fall hatte eine Diskothek ihre Getränkeumsätze nicht ordnungsgemäß aufgezeichnet. Das Finanzamt nutzte zur Schätzung die Rohgewinnaufschlagsätze aus der amtlichen Richtsatzsammlung – allerdings jene, die für Gastronomiebetriebe vorgesehen sind.
Der BFH entschied:

„Eine Diskothek ist kein Restaurant. Für Schätzungen dürfen daher nicht automatisch die Richtsätze der Gastronomie angewendet werden.“

Zudem äußerte der BFH erhebliche Zweifel an der Eignung der amtlichen Richtsatzsammlung insgesamt. Die Werte seien teilweise nicht statistisch repräsentativ, und bestimmte Betriebsarten würden systematisch ausgeschlossen.

Innere statt äußere Vergleichswerte

Der BFH stellte klar, dass bei der Schätzung der innere Betriebsvergleich Vorrang hat:

  • Beim inneren Vergleich werden eigene Betriebsdaten (z. B. Einkauf, Lagerbestand, Umsatzentwicklung) herangezogen.
  • Beim äußeren Vergleich stützt sich die Schätzung auf branchentypische Durchschnittswerte.

Künftig müssen Finanzämter bei der Wahl ihrer Schätzungsmethoden stärker prüfen, ob die Richtsätze überhaupt passen und ob ein innerer Betriebsvergleich möglich ist.

Bedeutung für Unternehmen

Die Entscheidung ist ein wichtiger Hinweis für alle Betriebe mit Barumsätzen oder Kassensystemen – von der Gastronomie über Friseursalons bis hin zum Einzelhandel.
Werden bei einer Betriebsprüfung Mängel in der Kassenführung festgestellt, kann eine Schätzung schnell zu erheblichen Steuernachzahlungen führen.

Unsere Empfehlung

  1. GoBD-konforme Kassensysteme nutzen und regelmäßig prüfen.
  2. Kassenberichte, Belege und Z-Bons täglich sichern und aufbewahren.
  3. Unterschiede zwischen Soll- und Ist-Bestand zeitnah dokumentieren.
  4. Schulungen und interne Kontrollen zur Kassendisziplin etablieren.

Kassenführung ordnungsgemäß gestalten – mit Schümann & Detje an Ihrer Seite

Eine fehlerhafte oder unvollständige Kassenführung kann schnell teuer werden. Schon kleine Unstimmigkeiten oder formale Mängel können dazu führen, dass das Finanzamt Umsätze und Gewinne schätzt – meist zu Ihrem Nachteil.
Mit einer ordnungsgemäßen, prüfungssicheren Kassenführung lassen sich Risiken, Nachzahlungen und Bußgelder vermeiden.

Als erfahrene Steuerberatungsgesellschaft in Lüneburg unterstützen wir Sie bei der Überprüfung und Optimierung Ihrer Kassensysteme, bei der Vorbereitung auf Betriebsprüfungen sowie bei der Einführung GoBD-konformer Prozesse.
Vereinbaren Sie gern einen Beratungstermin mit uns, um Ihre Kassenführung rechtssicher zu gestalten und unangenehme Schätzungen zu vermeiden.